Näher als du denkst
„Bin ich nur ein Gott, der nahe ist, spricht der HERR, und nicht auch ein Gott, der ferne ist?" Jeremia 23,23
Ja, möchte ich spontan auf die Frage antworten. Manchmal habe ich das Gefühl, Gott ist jetzt hier, ganz nah, und ein Zeichen seiner Gegenwart berührt mich. Dann gibt es Momente, die mich herausfordern: das Aushalten der Unbegreiflichkeit Gottes oder das Gefühl, dass er schweigt, wenn ich sein Reden oder Eingreifen so sehr herbeisehne – er scheint fern. Offen gestanden: Bei diesem Thema bleibe ich dauerhaft Lernender. Ich möchte Gottes Gegenwart nicht abhängig machen von meinen Emotionen oder der Erfüllung meiner Erwartungen an ihn. Ein Ausspruch von Evelyn Underhill (Theologin der anglikanischen Kirche) hilft mir etwas dabei:
„Wenn Gott klein genug wäre, um ihn zu verstehen, wäre er nicht groß genug, um ihn anzubeten."
Dann schaue ich etwas genauer hin und entdecke: Bei Jeremia geht es eigentlich um etwas ganz anderes. Kontext ist wieder einmal Trumpf:
„Bin ich etwa nur ein Gott, der in der Nähe ist?«, spricht der HERR. »Bin ich nicht auch ein Gott in der Ferne? Gibt es Schlupfwinkel, in denen sich ein Mensch verbergen könnte, sodass es mir nicht mehr möglich wäre, ihn zu sehen? Bin ich denn nicht überall, fülle ich nicht den Himmel und die Erde aus?" Jeremia 23,23-24
Die eigentliche Story bei Jeremia sind Gerichtsworte an falsche Propheten. Da sind Menschen, die von Gott reden, aber ihm nicht mehr zuhören. Die ihr Ding durchziehen und anderen Menschen nach dem Mund reden. Sie gehen davon aus, dass Gott das eh nicht mitbekommt. Jeremia erinnert sie daran, dass sie an dieser Stelle ihrem sehr kleinen Bild von Gott auf den Leim gehen und er sie zur Rechenschaft ziehen wird.
Das fordert mich heraus: Gibt es etwas, das ich am liebsten vor Gott verstecken will? Jeremia erinnert mich daran, dass das eh nicht funktioniert. Gott sei Dank braucht es das auch nicht, denn es gilt, was Albert Frey einmal treffend auf den Punkt gebracht hat:
„Jesus, dein Licht scheint voll Gnade und Wahrheit. Jesus, dein Licht scheint in unsre Dunkelheit. Jesus, durchdring uns mit Gnade und Wahrheit. Jesus, komm bring uns ins Licht." (Gnade und Wahrheit, Albert Frey)